Josef Mettbach
Sinti und Zwangsarbeiter

Josef Mettbach
geboren 31. Juli 1916 in Diesendorf /Bayern
verstorben im Jahre 2000 im Kreise seiner Familie
Beruf: Musiker, ab 1988 Rentner
Nationalität: Deutsch / Sinti
Josef Mettbach, der 1988 von mir interviewt wurde, erzählte mir, dass er in einer Zirkusfamilie aufwuchs, in der er, und seine acht Geschwister unter Führung der Eltern besonders durch akrobatische Kunststücke und ›Showeinlagen‹ ihr Geld verdienten. Sie reisten mit diesem Familienzirkus durch Deutschland, wobei sie jedoch über Kassel nicht hinauskamen. Die schulische Bildung erfolgte stets in den Orten, in denen die Familie gerade gastierte.
1933 zog die Familie nach Köln, wo sie in Wohnwagen zusammen mit Verwandten und Freunden wohnten. Zwischenzeitlich arbeitete Mettbach im Steinbruch, erhielt aber gleichzeitig auch die Erlaubnis durch die Reichsmusikkammer, als Musiker nach vorheriger Genehmigung in Lokalen und auf Volksfesten aufzutreten. Diese Erlaubnis bestand bis 1938.
Am 21. Juni 1938 wurde das Wohnwagengelände in Köln frühmorgens von SA und Polizei umstellt. Seine Brüder und er wurden zusammen mit anderen jüngeren Sintis verhaftet und nach einem kurzen Aufenthalt im Kölner Gefängnis ›Klingelpütz‹ im KZ Sachsenhausen inhaftiert.
Nach einem Aufenthalt im KZ Dachau und einer kurzfristigen Rückkehr in das KZ Sachsenhausen wurde er schließlich 1940 in das KZ Neuengamme gebracht. In allen Lagern musste Mettbach Erniedrigungen, Schikanen und Folter erleiden. Von seinen sechs Brüdern überlebten fünf die Naziherrschaft nicht, das gleiche Schicksal traf auch seine Eltern.
Im KZ Neuengamme versuchte Mettbach dem unmittelbaren Verfolgungsdruck zu entkommen, in dem er versuchte, sich für eine Arbeit in einem der zahlreichen Außenlager einteilen zu lassen, was ihm auch gelang.
Zunächst arbeitete er viele Monate im Außenlager Wittenberge, wo die Firma Philip Holzmann ein großes Kunststoffwerk errichtete (Phrix-Werke) und im Rahmen dieses Auftrages auch Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.
Anfang 1945, so Mettbach, sei er dann nach Uelzen gekommen, um dort bis zum 15.4.1945 im Außenlager Uelzen als KZ-Häftling Aufräumarbeiten auf dem Güterbahnhof zu leisten. Kurz vor dem Abtransport der Häftlinge zurück nach Neuengamme konnte er flüchten und sich in der Nähe von Bienenbüttel bis zur Befreiung durch britische Soldaten verstecken.
Nach Ende des Krieges zog Mettbach nach Hessisch-Oldendorf, gründete eine Musikkapelle und heiratete. Er fand den Kontakt zu den noch am Leben verbliebenen Geschwistern erst 1948.
In dem Gespräch mit Herrn Mettbach im Sommer 1988 machte er auf mich den Eindruck eines physisch und psychisch gebrochenen Menschen, den die Lasten der Vergangenheit zu erdrücken schienen. Später berichtete mir seine Tochter, der Vater hätte nach dem Gespräch mit mir wochenlang sehr unruhig geschlafen. Aber gleichzeitig sei ihm auch eine gewisse Erleichterung anzumerken gewesen – sei ich doch der erste Mensch gewesen, der sich für seine Geschichte interessiert habe.