Suleyman Yilmaz
»Ich fühle mich heute noch als Gast in Deutschland«
Wie alt waren Sie, als Sie nach Deutschland kamen und hatten Sie schon Deutschkenntnisse?
Ich war 23 Jahre alt und hatte keine Deutschkenntnisse. Ich bin 1939 geboren.
Welchen Beruf übten Sie aus, aus welchen Gründen kamen Sie nach Deutschland?
Ich war Dreher. Ich wollte Geld verdienen, um mir mit dem Geld eine Selbständigkeit in der Türkei aufzubauen.

Waren Sie in der Türkei städtisch oder ländlich geprägt?
Ich war bis zu meinem 11. Lebensjahr in Bulgarien. Wir gehörten zu den Türken, die in Bulgarien lebten. Ich bin zu einer türkischen Schule in Bulgarien gegangen. Mit 11 Jahren sind wir in die Türkei geflüchtet. Ich bin sowohl in Bulgarien als auch in der Türkei im ländlichen Bereich aufgewachsen. In Bulgarien bin ich in Razgrat aufgewachsen, in der Türkei in Bilecik. Mit 18 Jahren sind wir nach Eskisehir gezogen.
Haben Sie die Entscheidung, lhr Heimatland zu verlassen, allein getroffen?
Die Entscheidung habe ich alleine getroffen. Ich habe einen Antrag gestellt und hatte nach ca. sechs Wochen Bescheid bekommen, dass ich in Istanbul von einem deutschen Arzt untersucht werden muss in ca. drei Wochen. Sie haben eine Röntgenaufnahme gemacht, meine Zähne überprüft und alle weiteren Untersuchungen durchgeführt. Ich wurde als tauglich eingestuft und habe mein Zugticket nach Deutschland bekommen. Ich war nur zwei Tage in Istanbul und bin dann mit dem Zug nach München gefahren.
In dem Heim waren türkische und spanische Gastarbeiter. Nach 2 Tagen habe ich angefangen zu arbeiten. Ich hatte einen 1-jährigen Arbeitsvertrag und durfte ohne Grund nicht von der Arbeit fern bleiben. Ansonsten hätten sie mich in die Türkei zurück geschickt.
Wie schwer ist lhnen der Anlang gefallen und welchen ersten Eindruck hatten Sie von Deutschland?
Es ist mir schwer gefallen bis ich besser deutsch sprechen konnte. Ich war nicht lange in dem Heim untergebracht, ca. 1,5 Jahre. Danach bin ich in eine Wohnung bei einer Familie eingezogen. Ich habe deutsch nur von den anderen deutschen Mitarbeitern gelernt und es sehr langsam gelernt. Es war alles anders in Deutschland. Ich habe mich sehr fremd gefühlt.
Woran mussten Sie sich mühsam gewöhnen, was gelang lhnen ganz schnell?
Ich habe zwei Jahre als Hilfsarbeiter in der Metallbranche gearbeitet bis ich besser deutsch sprechen konnte. Erst nach zwei Jahren habe ich als Dreher angefangen zu arbeiten, da ich besser die Sprache konnte. Wir Türken wurden sehr herzlich von den Deutschen aufgenommen und sie waren alle sehr freundlich und nett zu uns. Das hat es für mich leichter gemacht mich hier einzugewöhnen.
Sie kamen als ›Gastarbeiter‹, empfanden Sie sich auch als Gast?
Ich habe mich wie ein Gast in Deutschland gefühlt. Ich fühle mich heute noch als Gast in Deutschland.
Fuhren Sie so oft es ging in lhr Heimatland zurück?
Ich bin manchmal jedes Jahr in die Türkei gefahren, manchmal alle zwei Jahre, manchmal alle drei Jahre.
Hat Sie der Aufenthalt hier verändert? Was ist ›deutsch‹ an lhnen geworden?
Ich glaube nicht, dass ich mich zu sehr verändert habe. Ich bin auf jeden Fall moderner, zeitgemäßer geworden. Ich habe mich an die deutsche Sauberkeit, Pünktlichkeit gewöhnt. Ich bin ein bisschen deutscher geworden.
Hatten Sie Pläne, wie lange Sie in Deutschland bleiben wollten?
Ich hatte keinen Plan, wie lange ich in Deutschland bleiben wollte. Ich wäre gerne in die Türkei zurück gekehrt, aber meine Kinder waren in Deutschland und ich wollte deswegen nicht in die Türkei zurück gehen.
Reden lhre Kinder und Enkelkinder gern über lhre Gastarbeiterzeit?
Ich rede manchmal mit meinen Kindern über meine Gastarbeiterzeit. Ich habe keine Enkelkinder.