Nach den Flüchtlingen kamen die „Gastarbeiter“…
1955 wurde mit einer Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik und Italien die Anwerbung italienischer Arbeitskräfte nach Deutschland geregelt. Es folgten weitere Abkommen mit anderen Ländern. Der Wirtschaftsboom der jungen Bundesrepublik sorgte für den Bedarf an Millionen von Arbeitskräften beiderlei Geschlechts aus Südeuropa und Nordafrika. Die bald übliche Benennung als “Gastarbeiter” umschrieb die soziale Deklassierung – nur auf Zeit erwünscht –, die sich außerdem für viele Menschen als falsch erwies. Denn für etliche der “Gastarbeiter” wurde Deutschland zur neuen Heimat.
Ankunft der ersten „Gastarbeiter“ am Bahnhof Uelzen im April 1956.
Die abgebildeten Männer waren nach dem Anwerbeabkommen zwischen Italien und der Bundesrepublik Deutschland von 20. Dezember 1955 angeworben worden. In Niedersachsen, und damit auch im Landkreis Uelzen, waren sie zunächst hauptsächlich als Hilfskräfte für die Landwirtschaft vorgesehen. Bis 1968 folgten weitere Anwerbeabkommen der Bundesrepublik mit anderen Mittelmeerländern. Der Schwerpunkt der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte verschob sich bald in industrielle Bereiche und räumlich in die westlichen Bundesländer, wo die berufliche Perspektive und der Verdienst interessanter waren. Damit gehörte der landwirtschaftlich geprägte Landkreis Uelzen nicht zu den Hauptzielen der „Gastarbeiter“. Dennoch entschieden sich Menschen für den ländlichen Raum; einige blieben und holten ihre Familien nach.
Foto: AZ 19.4.1956 | Ankunft der ersten „Gastarbeiter“ am Bahnhof Uelzen im April 1956.
Italienische Arbeiter nahmen Abschied
Ausländische Frauen waren in der Bundesrepublik sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie begehrte Arbeitskräfte. Der Grund dafür lag in der niedrigeren Entlohnung gegenüber männlichen Arbeitnehmern. Trotzdem vermittelten die Herkunftsländer lieber Männer, um damit den heimischen Arbeitsmarkt zu entlasten. Das damalige konservative Rollenverständnis betrachtete weibliche Berufstätigkeit äußerst kritisch und war in den sudeuropäischen Ländern durch den kirchlichen Einfluss besonders stark. Elvira Collegaro (links), 60 Jahre, und ihre Nichte Carlina Terzariol (rechts), 20 Jahre, gehörten zu den Frauen, die den Weg ins Ausland wählten. Die Uelzener Tageszeitung zeigte 1960 ein Bild der beiden Frauen im Bahnhof Uelzen vor ihrer Heimreise. Sie hatten sieben Monate in der Landwirtschaft in Linden bei Ebstorf (LK Uelzen) gearbeitet. Für Elvira Collegaro war es die siebzehnte Arbeitssaison in Deutschland.
Foto: „Italienische Arbeiter nahmen Abschied“, AZ 23.11.1960.